Die Party-Insel Ibiza und der Alkohol: Wenn aus Freude Frust wird – Energie- und Gesundheitstipps von Dr. med. Ulrich Werth (Teil 6)
Energie- und Gesundheitstipps von Dr. med. Ulrich Werth (Teil 6)
Trinken, bis der Arzt kommt: Für die meisten Ibiza-Urlauber gehört Alkohol einfach dazu. Auch viele Einheimische verfallen diesem Laster, angetrieben von Depressionen, Dekadenz oder schlichtweg Langeweile.
Dabei kann Alkohol – in wohldosierten Mengen – durchaus positiv wirken. Unser Gesundheitsexperte Dr. Ulrich Werth wägt die Pro und Contras ab.
“We are going to Ibiza – das war auch mein Hit, und nein, ich bin kein Party-Muffel. Heute möchte ich positive und negative Erfahrungen zum Thema Alkohol aufführen. Über die Fallbeispiele, die ich beim deutschen Alkohol-Papst Dr. Volker Kielstein, meinem früheren Chef für ein paar Jahre, erlebt habe, könnte ich ein Buch schreiben. Ich will mich aber auf ein paar Eindrücke beschränken. ‘Glück und Glas, wie leicht bricht das’, ist ein weises Sprichwort. Beim Alkohol kann man nicht nur sagen, die Dosis macht das Gift, nein, auch die Qualität des alkoholischen Getränkes sowie die Umstände, unter denen Alkohol getrunken wird. Hier meine ich besonders die menschlichen Umstände. Ideal ist es, mit Freunden, Gleichgesinnten und Harmoniebedürftigen zu trinken. Wer regelmäßig allein statt in Gesellschaft trinkt, sollte sich jedoch ernsthaft Gedanken machen.
Alkohol löst störende geistige Blockaden nach früheren emotionalen Traumata sinnvoll auf. Alkohol enthemmt aber auch sinnvolle Bremsen. Ein extrem schlimmes Beispiel sind für mich pathologische Alkoholrauschzustände, die nicht erst bei einer großen Dosis, also im Vollrausch, auftreten. Ich kann mich an eine erregte junge Frau erinnern, die nach zwei oder drei Glas Wein schon in einen Erregungszustand geriet und sonst kaum erträgliche innere Spannungen mit ihrem Verlobten ungehemmt auslebte. Sie war drauf und dran, die Einrichtung der Gaststätte zu zerstören. Daraufhin wurde sie uns in die geschlossene Psychiatrie gebracht. Am nächsten Tag hatte sie eine Erinnerungslücke, also war sie für ihre Handlungen vermindert schuldfähig. Um so etwas zu vermeiden, schreibe ich dies hier aus meinen Erfahrungen als Psychiater.
Eine andere Geschichte im Zusammenhang war es, wie ich in der Nervenklinik einen jungen Mann erlebte, der nicht wieder aus dem Wachkoma herauskam. Er starrte teilnahmslos ohne zu reagieren in die Luft und wurde zu einem Pflegefall. Warum: Er hatte gewettet, dass er eine ganze Flasche Wodka austrinken könne. Ja, so etwas passiert öfter: Wette gewonnen, aber für immer ein Pflegefall. Der Irrtum kam dadurch zustande, weil er als ‘trainierter’ Alkoholmissbräuchler schon mehr als eine halbe Flasche Schnaps überlebt bzw. vertragen hatte. Nun mangelt es bei solchen Wetten an der Erkenntnis, dass hier die Dosis letalis bei 50 und sich trotz ‘Trinkfestigkeit’ nicht ändert: 50% sterben bei dieser Menge Alkohol, die anderen 50% bleiben ein Pflegefall. An diese Dosis gewöhnt sich kein Körper.
In diesem Sinne, halten Sie bitte die Dosis Ihres Alkoholkonsums im Auge! Ich habe nichts gegen eine lustige, ausgelassene Party. Deshalb: Prosit!, was auf deutsch heißt: Es möge nützen! Ich bin der Letzte, der Alkoholgenuss ablehnt, aber die Dosis, die Qualität und insbesondere die harmonische menschliche Situation machen das Gift bzw. das Heilmittel. Wie Hippokrates einst meinte: Dosis facit venenum, wobei ‘venenum’ sowohl Gift als auch Heilmittel bedeutet.
Für Suchtpatienten ist es unabdingbar, absolut trocken zu bleiben. Der erste Schluck mit den Worten, ‘ich kann ja wieder aufhören’, führt beim Abhängigen umgehend zurück in das schwarze Loch des Verderbens des privaten und beruflichen Lebens. Wohl dem also, der beachtet: Glück und Glas, wie leicht bricht das!”
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Text: Dr. med. Ulrich Werth / Fotos: Stockfoto
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera
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