Spanien führt die Abrissliste von Dämmen und Talsperren in der EU an
Woher kam der meterhohe “Tsunami”, der die Region Valencia in eine Todeszone verwandelte?
Ibiza/Valencia/Madrid/Brüssel – Eine Welle der Solidarität und vieler bis heute ungeklärter Ungereimtheiten schwappte in den vergangenen Wochen über die Region Valencia, nachdem ein Jahrhunderthochwasser am 29. Oktober 2024 für hunderte Tote und – eine bis heute nicht veröffentlichte Zahl – Vermisste sorgte.

Während die Hilfe der Regierung spärlich ausfiel – den Opfern wurde zunächst nicht einmal Trinkwasser ins Katastrophengebiet gebracht – waren auf Ibiza zeitweise die Supermarktregale leer, weil Freiwillige die notwendigsten Waren für ihre Freunde und Verwandten in Valencia einkauften. Die Policia Local von San Antonio organisierte eine Sammelaktion, ebenso fanden vor dem Rathaus von Santa Eulalia und auf dem Vara de Rey in Ibiza-Stadt Sammlungen von Decken, Hygiene- und Reinigungsartikel, Babywindeln und Essenskonserven statt, die von der örtlichen Spedition Punkytrans ins Krisengebiet gefahren wurden. Nach der Katastrophe, die in der Region für entsetzliche Zerstörung sorgte, kommen immer mehr ungeheuerliche Details ans Licht. Gleich zu Beginn kursierten Vermutungen darüber, dass die starken Niederschläge durch Geoengineering ausgelöst worden sein könnten. Der Klimaforscher Nauzet Morgade beschrieb anhand von exakten Satellitenbildern, wie das Wetter als Waffe eingesetzt wurde.
Auch ist weithin bekannt, dass die spanische Regierung mit Hilfe von EU-Geldern in den letzten drei Jahren dutzende Talsperren und Staudämme abgebaut hat. Auch in diesem Zusammenhang gibt es Spekulationen. Fakt ist: “Spanien führt die Abrissliste von Dämmen und Wehren an”, titelte La Vanguardia und zitiert einen Bericht von “Dam Removal Europe”, aus dem hervorgeht, dass allein im Jahr 2021 im Land 108 Bauwerke abgerissen wurden. Insgesamt wurden auf Anweisung Brüssels in 17 EU-Ländern über 230 Wasserbarrieren entfernt. Offizieller Grund: Die “Renaturierung” der natürlichen Flussläufe. Das Versagen der politischen Entscheidungsträger und ihrer Agenturen erreichte eine weitere Ebene, als Teresa Ribeira, seit 2018 “Ministerin für den ökologischen Wandel” und seit 2021 dritte stellvertretende Ministerpräsidentin, vor dem Kongress zugab, dass die Schleusen des Stausees Forata am 29. Oktober geöffnet wurden, “um einen Bruch des Damms zu verhindern”. Dadurch habe sich der Wasserpegel im Fluss Magro erhöht, sagte sie.
Auch wenn am Stausee selbst von Zerstörung nichts zu sehen ist, bestätigten zahlreiche Augenzeugenberichte von Opfern in den weiter unten liegenden Ortschaften, dass die tödlichen Wassermassen “nicht von oben”, also vom Regen kamen, sondern “von unten”. Binnen weniger als einer Stunde stiegen die Fluten in manchen Abschnitten bis auf eine Höhe von vier Metern und rissen mit ihrer Wucht und reißenden Geschwindigkeit zehntausende Autos und Menschen mit sich. Brisantes Detail: Knapp drei Wochen vor der Tragödie war eine Haftpflichtversicherung für die Mitarbeiter der “Confederación Hidrográfica del Júcar” abgeschlossen worden, um sie bei Strafverfahren im Fall von Fahrlässigkeit abzusichern, wie Transition-News berichtet.
Die Agentur untersteht Ribeiras Ministerium und war für diese Entscheidung verantwortlich, hatte jedoch nicht vor dem hohen Überschwemmungsrisiko, das mit diesem Vorgang verbunden war, gewarnt. Ebensowenig wurden die zuständigen Institutionen und die Notfallkoordinatoren über den dramatisch hohen Wasserstand in einem anderen Gefahrengebiet, der Poyo-Schlucht, informiert. José Javier Sanchis, Bürgermeister von Algemesí, einer stark betroffenen Gemeinde, erklärte kurz nach der zerstörerischen und tödlichen Flut in den sozialen Netzwerken und gegenüber Medien, dass er “keine Warnung über die Freisetzung von Wasser aus dem Forata-Stausee und die daraus resultierende Überschwemmung des Flusses Magro” erhalten habe.
Erschütternd ist der Bericht des Schriftstellers Santiago Posteguillo, der im schwer verwüsteten Paiporta in der Nähe der Poyo-Schlucht lebt. In seiner Ortschaft habe es an diesem Tag nicht einmal geregnet, doch “in nur 13 Minuten” habe sich die Straße in einen “brutalen Sturzbach von zwei Metern Höhe” verwandelt. Die Wassermassen seien ohne Kontrolle gewesen und hätten alles mit sich gerissen: Bäume, Autos, Häuser, sogar eine Fabrikhalle. “Wir sahen Menschen im Wasser verschwinden”, sagt Posteguillo. Auch er betont, dass sie niemand vorher gewarnt habe.

Die Flutwelle hielt mit gleichbleibend zerstörerischer Kraft sechs Stunden an. Am nächsten Morgen war von Polizei, Feuerwehr oder Militär keine Spur. Erst am dritten Morgen tauchten erste freiwillige Helfer auf, aber immer noch keine Rettungskräfte: “Wie kann es sein, dass in 48 Stunden niemand kommt – in Spanien, im 21. Jahrhundert? Kann mir das jemand erklären?”, fragt der Schriftsteller.
Seine Lebensgefährtin und er machten sich zu Fuß auf den kilometerlangen Weg nach Valencía, “vorbei an unfassbarer Verwüstung und Leichen, die noch nicht abtransportiert” worden waren. Ministerin Ribeira behauptet bis heute, die öffentlichen Notfallsysteme hätten ordnungsgemäß funktioniert.
Die Stauseen fangen die Wassermassen der herbstlichen “Gota Fría”, heute “DANA*” genannt, normalerweise auf. Dank der Dämme, viele davon in den 50- er und 60er-Jahren unter Franco gebaut, entstanden Wohnsiedlungen und fruchtbare Landwirtschaft in Gegenden, wo früher niemand bauen durfte, weil diese als Überschwemmungsgebiete galten.
Die spanische Regierung unter Pedro Sánchez jedoch ließ u.a. die seit vielen Jahren geforderten und geplanten Verbesserungsarbeiten in der Poyo-Schlucht nicht vornehmen. Diese hätten “die Überschwemmungen in dem am schwersten getroffenen Gebiet mildern” können, sagen Experten. Ribeira hatte auf den Vorwurf nur eine lahme Ausrede parat: Vor dem Kongress beschuldigte sie die Vorgängerregierung des konservativen Mariano Rajoy für deren Untätigkeit, obwohl Sánchez schon seit 2018 die Geschicke des Landes lenkt, und auch Ribeira seit sechs Jahren auf ihrem Posten hockt. El Diestro bezeichnet die Katastrophe, die Sánchez Mitte November in Aserbaidschan auf dem UN-Klimagipfel dem “Klimawandel” in die Schuhe schob, als einen “Terroranschlag unter falscher Flagge”. Viele Seiten werfen der spanischen Regierung, der Autonomieregierung von Valencia, der staatlichen Wetteragentur Aemet und anderen Verantwortlichen unterlassene Hilfeleistung, Verletzung der Sorgfaltspflicht, Amtspflichtverletzung, Körperverletzung und fahrlässige Tötung vor.
Karte im Netz
Eine Liste der von der EU finanzierten und durchgeführten Abrisse von Staudämmen und Talsperren, viele davon auch in der Region Valencia, findet sich unter: damremoval.eu/dam-removal-map-europe
*Das Phänomen DANA beschreibt eine isolierte kalte Luftmasse in der oberen Atmosphäre, die sich von den üblichen Strömungen abkoppelt. Wenn diese auf wärmere Luftschichten trifft, entstehen oft starke Unwetter mit heftigen Regenfällen und gelegentlichen Überschwemmungen. Besonders in den westlichen Mittelmeerregionen tritt dieses Phänomen häufig auf und ist in Spanien, vor allem in Küstengebieten, für seine teils dramatischen Auswirkungen bekannt. Ein ähnlicher Begriff, der oft synonym verwendet wird, ist „la gota fría“ (der kalte Tropfen).
Text: ws/die, Fotos: sat – Arikel im IBIZA KURIER IK126
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