Warum Frieren ungesund ist: Gänsehaut warnt uns vor drohender Unterkühlung
Fällt die Temperatur in der Wohnung unter 22 Grad, kann der Mieter die Miete drosseln
Auf Ibiza sind die Winter zwar mild, aber die Heizungen schlecht. In Deutschland sind die Heizungen gut, aber die Preise so hoch, dass es sich Rentner und andere einkommensschwache Gruppen kaum mehr leisten können, den Regler hoch zu drehen.
Dabei geht es nicht nur um das subjektive Wohlbefinden. Der menschliche Körper ist einfach nicht für Kälte gemacht. Er benötigt eine bestimmte Raumtemperatur zum Überleben, sonst macht der Organismus schlapp.
Während Tiere ideal angepasst und mit dickem Fell und Federn ausgestattet sind, um sich im Winter vor dem Frost zu schützen, benötigt der Mensch entsprechende Kleidung, dicke Schuhsohlen, Federbettdecken und Heizgeräte, um am Leben zu bleiben. Schon bei wenigen Grad unter der Idealtemperatur kommt der Körper in die Bredouille.
Wer also aus ideologischer Gesinnung (“Putin schaden!”) oder Kostengründen die Heizung im Winter runterdreht, tut sich damit keinen Gefallen. Noch schlimmer ist, wenn die Heizgeräte aufgrund der Anweisung “von oben” kalt bleiben, wie es etwa in vielen Behörden in Deutschland derzeit der Fall ist. Die Mitarbeiter sitzen mit dicken Jacken und Decken bei der Arbeit. Doch auch so mancher Vermieter oder Fernwärmeanbieter hat die Temperatur der Anschlüsse eigenmächtig gedrosselt.
Körper warnt
Was passiert eigentlich im Körper, wenn wir frieren? Ab wann wird es gefährlich, zu erfrieren?
Und lässt es sich trainieren, Kälte besser zu ertragen?
Eines ist sicher: Frieren ist lebenswichtig, denn diese Körperreaktion warnt uns. Deshalb empfinden viele Menschen Frieren als äußerst unangenehm, sogar schmerzhaft.
Prof. Dr. Walter Senn vom Institut für Physiologie der Universität Bern weiß darüber gut Bescheid: “Über 200.000 Kälterezeptoren durchziehen die Hautoberfläche. Am dichtesten sind sie im Bereich der Nase und des Mundes. Sinkt die Hauttemperatur auf ein bestimmtes Maß, werden die Kälterezeptoren aktiviert, bei tieferen Temperaturen zusätzlich die Schmerzrezeptoren”, erklärt er im VitaGate-Gesundheitsmagazin.
Dabei ziehen sich die peripheren Blutgefäße zusammen, also jene in der Haut und nahe der Körperoberfläche: “Das reduziert den Wärmeverlust”, so Senn.
Gänsehaut
Was passiert bei Gänsehaut? Hier stellen sich die Körperhaare auf, in der Hoffnung, wärmende Luftschichten im “Fell” anzusammeln. In der nächsten Stufe beginnen die Muskeln zu zittern, denn “das schnelle Anspannen und Entspannen produziert Wärme”.
Verändert sich die Außentemperatur, senden die Rezeptoren auf der Haut Signale an den Hypothalamus im Gehirn, wo sich ein körpereigener Thermostat befindet. Er entscheidet, wann der Körper auf die Abweichungen reagiert. Denn der optimale Bereich, in dem der Mensch weder schwitzt noch friert, ist sehr eng: Die Toleranz der Wohlfühlzone beträgt weniger als ein Grad, weiß der Physiologe.
Sollwert 37 Grad
Der menschliche Körper muss konstant auf 37 Grad gehalten werden. Nahezu alle Körperfunktionen hängen an dieser Idealtemperatur. Ist der Sollwert nur um ein halbes Grad unterschritten, friert der Mensch. Wird er um mehr als ein halbes Grad überschritten, fängt er an zu schwitzen. Beides ist für den Körper ein großer Aufwand.
Mit zunehmendem Alter kann sich der Sollwert verändern. So liegt er bei Menschen über 65 Jahren etwa ein halbes Grad tiefer. Ab 39 Grad hat man hohes Fieber. Lebensgefährlich kann es ab einer Temperatur über 41,5 Grad werden, denn dann werden die körpereigenen Eiweiße zerstört.
Vor dem Erfrieren tritt zunächst Unterkühlung auf. Das passiert, wenn die Körpertemperatur um mehr als zwei Grad sinkt. Der Fachbegriff lautet Hypothermie. Wenn es der Körper nicht mehr schafft, die Kerntemperatur für 20 Minuten aufrechtzuerhalten, dringt die Kälte bis zu den lebenswichtigen Organen vor: Herz, Lunge und Gehirn kühlen langsam aus.
Wenn die Kerntemperatur auf 29,5 Grad sinkt, verlieren die meisten Unterkühlten das Bewusstsein. Die Organe arbeiten zwar noch, aber das Herz schlägt nur noch dreimal pro Minute. Puls und Atem sind kaum mehr messbar. Bekommt das Kälteopfer jetzt keine Wärme, stirbt es.
Kalte Duschen
Kälteresistenz ist trainierbar, so Senn, vorausgesetzt, wir halten uns viel im Freien auf. Einer der bekanntesten Experten auf dem Gebiet Kälte und Abhärtung ist wohl der Holländer Wim Hof, der auch im Winter nur mit T-Shirt rumläuft und auf Eisbaden schwört.
Wer gegen Kälte unempfindlicher werden möchte, muss sich langsam an die Kälte rantasten: “Ich empfehle, erst warm, dann 30 Sekunden kalt zu duschen, und zwar zehn Tage lang, bis man es 2 bis 2,5 Minuten am Stück aushält. Dann kann man sich ins Eisbad oder in natürliche Gewässer trauen.” Wem es vor der kalten Dusche graut und trotzdem abhärten will, kann die Füße für eine halbe Stunde in Eiswasser halten. die
Rechte von Mietern und Arbeitnehmern
Vermieter oder Arbeitgeber dürfen nicht eigenmächtig die Heizung drosseln, denn dies gefährdet die Gesundheit. Geschieht dies trotzdem und die Wohnung ist zu kalt, hat der Mieter das Recht, die Miete zu drosseln oder einzubehalten. Der Deutsche Mieterbund (DMB) informiert darüber auf seiner Webseite: “Während der Heizperiode, in der Regel vom 1. Oktober bis 30. April, muss der Vermieter die zentrale Heizungsanlage so einstellen, dass eine Mindesttemperatur in der Wohnung zwischen 20 und 22 Grad erreicht wird.”
Allerdings muss der Vermieter nicht rund um die Uhr diese Mindesttemperaturen garantieren. Nachts, also zwischen 23.00 bzw. 24.00 und 6.00 Uhr, reichen auch 18 Grad aus.
Mietvertragsklauseln, nach denen zum Beispiel eine Temperatur von 18 Grad zwischen 8.00 und 21.00 Uhr ausreichen soll, sind unwirksam.
Wird die Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad im Winter in der Wohnung nicht erreicht, liegt laut Mieterbund ein Mangel vor. Der Vermieter ist verpflichtet, diesen umgehend zu beheben. Solange dies nicht geschehen ist, kann der Mieter die Miete mindern. Bei einem völligen Heizungsausfall und Minusgraden im Winter ist eine Mietminderung bis zu 100 Prozent möglich. Wird es in der Wohnung nur noch maximal 18 Grad Celsius warm, ist eine Mietminderung bis zu 20 Prozent möglich.
Bleibt es in der Wohnung auf Dauer kalt und drohen sogar Gesundheitsschäden, ist der Mieter berechtigt, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.
Auch der Ausfall der Warmwasserversorgung ist laut DMB ein Wohnungsmangel, der vom Vermieter beseitigt werden muss, wenn die Mindestwarmwassertemperatur von 40 bis 50 Grad nicht erreicht wird. red
TIPPS ZUM WARMBLEIBEN
Fußbad mit Ingwer
Ein Fußbad mit geriebenem Ingwer ist ein altbewährtes Hausmittel, z.B. wenn eine Erkältung im Anmarsch ist oder man sehr friert. Es wirkt durchblutungsfördernd, wärmend und anregend.
Ein etwa fünf Zentimeter großes Stück Ingwer reiben und in einem halben Liter Wasser aufkochen. Den Sud durch ein Sieb in ein mit warmem Wasser gefülltes Gefäß geben. Das Badewasser sollte dann ungefähr 42°C warm sein und sollte die Füße mindesten bist zu den Knöcheln mit Wasser bedecken.
Nach etwa 20 Minuten die Füße kurz in kaltes Wasser tauchen und warme Socken anziehen.
Chilis im Socken
In einigen Ländern legen sich die Menschen zum Wärmen der Füße die Samen von Chilischoten in die Schuhe. Jedoch sollten die Samen nicht die Haut berühren, denn der scharfe Wirkstoff Capsaicin kann Verbrennungen der Haut hervorrufen. Um dies sowie Löcher in den Strümpfen zu vermeiden, kann man die Samen in ein dünnes Tuch einschlagen.
Rosmarinwaschungen
Die kreislaufanregenden Kräfte von Rosmarin können uns im Winter helfen, die Kälte weniger wahrzunehmen. Dazu eine große Menge Rosmarinzweige sammeln und in einen Topf geben, mit Wasser bedecken und eine gute Viertelstunde bei hoher Temperatur sieden lassen. Die groben Pflanzenteile aussieben, den Sud abkühlen lassen und abfüllen. Eine Woche lang jeden zweiten Tag den gesamten Körper damit einreiben. Wer sich verfroren fühlt, kann von dem Sud auch etwas ins Badewasser geben.
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Text: red / Fotos: Stockfoto
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