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“Jegliches Tanit-Huschibubu ist mir ebenso unangenehm wie Mondrituale und Frauen-Power-Getue”

Bestsellerautorin Elfie Donnellys Sicht auf Spiritualität, Natur und Kinder auf Ibiza

Elfie Donnellys Kinderbücher sind auf der ganzen Welt bekannt. Welches Kind der 80-er und 90-er Jahre kennt nicht die Abenteuer von Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen? Aber aus der Feder der auf Ibiza lebenden Schriftstellerin stammen auch preisgekrönte Erwachsenenromane, Drehbücher und Reiseführer. 

Hola Elfie! Was ist Deine persönliche Ibiza-Geschichte? Wann kamst Du zum ersten Mal hier her und was hat dazu geführt, dass Du geblieben bist?

Elfie Donnelly: 1986 lebte ich in Berlin, mein Sohn Pavi sollte bald eingeschult werden. Dann ging Tschernobyl in die Luft und plötzlich hieß es, Kinder sollen nicht mehr im Freien spielen. Das war ein Zeichen, zu gehen. Eine gute Freundin lebte damals in der Nähe von San Carlos, ihr Sohn besuchte die Morna-Schule. Am liebsten wären Pavi und ich gleich geblieben, doch leider konnte sich mein damaliger Lebenspartner nicht mit Ibiza anfreunden. Die Insel war ihm „zu luftig“, und ich glaube, die vielen starken Frauen hier haben ihn abgeschreckt. Ich selbst war damals nicht stark genug, um verhindern zu können, dass wir in Mallorca unsere Zelte aufschlugen. Dort blieb ich 18 Jahre, in denen ich mich nie heimisch fühlte. Stets war da die Sehnsucht nach Ibiza. Erst als die Partnerschaft zerbrach, war es so weit. Ich kaufe mir ein neues Auto, packte es mit Computer und Büchern voll und mietete für zwei Monate ein Haus in der Inselmitte. Ich war endlich „daheim“.

Von Dir stammen unter anderem die Hörspiel-Klassiker Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg. Inwieweit hast Du mit den Reihen heute noch zu tun?

Elfie Donnelly: Von mir stammen auch die preisgekrönten und in mittlerweile 13 Sprachen übersetzten Kinder-und Jugendbücher „Servus Opa“, „Der rote Strumpf“, „Karo Honig macht Frieden“, etliche Erwachsenenromane, ein Mallorca-Reiseführer und Drehbücher für Film und Fernsehen. Dass ausgerechnet die sehr leichte Unterhaltung „Benjamin Blümchen“ und „Bibi Blocksberg“, aber auch „Elea Eluanda“, als Audiotitel so unglaublich erfolgreich wurden, ist fast schon ein Fluch. Denn so bin ich in der Schublade der einfachsten Kinderunterhaltung gelandet und komme sehr schwer wieder heraus. Ich habe mit Benjamin und Bibi heute gar nichts mehr zu tun. „Elea Eluanda“ aber, ein wunderbares Format um ein gelähmtes Mädchen, das mit ihrem indischen Freund Ravi und der Tröstereule Ezechiel eine Menge Abenteuer besteht und gerade bei Kindern mit Handicap sehr beliebt ist. Die Bibi-Realfilme stammen noch aus meiner Feder und sind nicht so albern wie die Animationsfilmchen, von denen ich mich distanziere. Mit der meiner Meinung nach unsäglichen Reihe „Bibi und Tina“ habe ich gar nichts zu tun, außer dass sich der Produzent Bibis bemächtigte, was er (seufzt) leider durfte.

Also gibt es keine Pläne, dass Bibi Blocksberg mal auf ihrem Besen gen Ibiza reitet?

Elfie Donnelly: Wie gesagt: I’m beyond Bibi. An unserer Einfahrt hängt allerdings ein Vorflugsschild als Warnung vor tieffliegenden Hexen allgemeiner Art.

Du warst oder bist eine ausgesprochene Anhängerin des indischen Gurus und Philosophen Osho. Hat Ibiza eine mystische Ausstrahlung, die Dich angezogen hat?

Elfie Donnelly: Osho war für mich mehr philosophischer Lehrer als Guru, und von dieser Zeit der Bewusstwerdung zehre ich noch heute voller Dankbarkeit. Mit dem Brimborium des jetzigen Ashrams habe ich nichts zu tun. Ja, Osho war auch Mystiker. Das will ich aber über mich nicht behaupten, denn ich bin sehr bodenständig. Ich finde nicht, dass Ibiza grundsätzlich eine „mystische Ausstrahlung“ hat, und jegliches Tanit-Huschibubu ist mir ebenso unangenehm wie Mondrituale und Mutter-Erde-Frauen-Power-Getue. Sagen wir so: Das habe ich alles mal mitgemacht, bis hin zu Tarot, Energiezirkeln, Gaia-Kränzchen. Macht Spaß und ist sozialer Klebstoff, aber dass es einen näher an die eventuelle Erleuchtung bringt, bezweifle ich schmunzelnd. Ibiza ist Ibiza. Wunderschön, friedlich rollende Hügel, rote Erde vielerorts, entspannend im Winter, crazy im Sommer, und den Duft der Macchia haben wohl alle Mittelmeerinseln gemeinsam.

Manchen sprechen vom “spezielle Vibe” der Insel. Was könnte damit gemeint sein?

Elfie Donnelly: Wenn man es „Vibe“ nennen will, bitte. Ibiza war und ist eine Pirateninsel. Die Einheimischen lassen wunderbar stoisch jede neue Invasion – ob Piraten, Phönizier, Hippies, Briten oder Oligarchen – an sich vorüberziehen, kassieren ab und sind entsprechend tolerant. Die Durchmischung der Nationalitäten und die Toleranz sind es, die meiner Meinung nach den speziellen „Vibe“ ausmachen.

Findest Du, dass Ibiza in den letzten Jahre an Spiritualität eingebüßt hat?

Elfie Donnelly: War Ibiza je spirituell? Was ist damit gemeint? Kirchenbesuche? Das kann ich nicht beurteilen. Das „spiritual business“ aber boomt mehr denn je, und sicherlich freuen sich Viele darüber. Ich mag keine bewusstseinserweiternden Mittel, die man in der Gruppe trinkt und dann auskotzt. Mit den Toten mag ich auch nicht reden, und high werde ich vom Ibiza-Licht. Wenn das Meer vor der Haustür quecksilbern funkelt, wenn die Hunde durchs hohe Gras tollen und die Pinienblüte sich zärtlich auf den feuchten Autodächern zu einem Schmierfilm vereint – das ist Spiritualität für mich!

Wie beurteilst Du die touristische Hinwendung zu einer finanzkräftigeren Klientel, die dazu neigt, eher den materiellen Freuden zu frönen?

Elfie Donnelly: Lauf der Welt, vom Geld regiert. Finde ich nicht gut, weil einem die eigenen bescheidenen Maßstäbe verloren gehen, etwa wenn die Nachbarn mit den Privatfliegern herbeizockeln, wenn zur Familie ein paar Bodyguards gehören, oder wenn eine Strandliege in den „Bling-Bling“-Etablissements tausend Euro am Tag kostet, und man das Möbelstück dann noch nicht mal mitnehmen darf.

Was würdest Du gerne auf Ibiza ändern, wenn Du könntest?

Elfie Donnelly: Es wird viel getan in letzter Zeit in Sachen Naturschutz. Da bin ich natürlich dabei. Bohrinseln? Kommt gar nicht in Frage. Ändern: das immer noch existierende Schwarzgeld-Gehandle, Bauvorschriften, die verallgemeinert werden und nicht den Einzelfall berücksichtigen, das Schneckentempo der Behörden und das Ostzonen-Feeling, wenn man Montags einkaufen geht. Was, wieso ist die Bio-Sojamilch nicht mehr im Sortiment? Und mein spezielles Knäckebrot? Bio-Frischmilch wäre kein Fehler. Ah, und wir brauchen Flaschenpfand! Und ich will Glasflaschen fürs Wasser. Nieder mit dem Plastikwahn! 

Was war das Beste, zu dem Dich die Insel je inspiriert hat?

Elfie Donnelly: Yoga, mich mit Innenarchitektur und Häusern zu beschäftigen, Singen und Hunde.

Was machst Du auf der Insel am liebsten, wenn Du mal ausspannen möchtest?

Elfie Donnelly: Nachmittags mit Blick aufs Meer meinen Tee trinken. Mit einer engen Freundin plaudern oder ein Spieleabend mit Freunden. Auch das ist so schön an Ibiza: ob straight, schwul oder lesbisch – alles egal. Hier wird jeder lieb gehabt. Und das Alter spielt auch keine Rolle.

Worin unterscheiden sich Mallorca und Ibiza Deinem Gefühl nach?

Elfie Donnelly: Wie auf Ibiza gibt es auch auf Mallorca viele Nationalitäten, aber weil die Insel so groß ist, bleiben die Briten unter den Briten, die Deutschsprachigen unter ihresgleichen, etc. Eine Ausnahme ist die wunderbare Stadt Palma, die ich manchmal vermisse. Auf Ibiza vermischen wir uns alle. Manchmal haben wir Partys bei uns im Haus, da sind dann 20 Nationalitäten vertreten, jede nur denkbare Religion und etliche Hautfarben. So wie die Welt sein sollte: fröhlich, bunt, akzeptierend.

Glaubst Du, Ibiza ist ein guter Ort, um Kinder aufzuziehen?

Elfie Donnelly: Ich glaube schon, dass Ibiza ein schöner Ort ist, um Kinder aufzuziehen. Vor allem wegen der Vielsprachigkeit, die hier herrscht. Aber nicht umsonst schicken viele Eltern ihre Kinder mit 14 nach England oder Deutschland aufs Internat und ziehen eventuell selbst gleich mit. Viele berufliche Perspektiven gibt es für Teenager nicht. DJ’s, Restaurantjobs, Drogenhandel, Immobilien – das will man nicht wirklich, oder?

Wie sieht ein normaler Tag auf Ibiza aus?

Elfie Donnelly: Meist früh aufstehen. Bei Tee und Keksen die Ruhe genießen, weil mein Mann gern länger schläft. Die Ruhe währt nicht lange, denn immer ist etwas los: Handwerker, Gärtner, Nachbarn. Dann E-Mails lesen, Onlinezeitung studieren, manchmal auch Facebook. Mittags eventuell ins Dorf zur Post und Einkaufen. Abwechselnd mit meinem Mann kochen. Telefonieren. Papiere sortieren. Immer noch nichts Kreatives gemacht! Yoga-Klasse. Freundin besuchen, die köstlichen Salat kredenzt. Plaudern. Dann das schlechte Gewissen, denn meine Agentin fragt nach einem von mir angekündigten Exposé für einen Fernsehfilm. Endlich dransetzen. Was, schon fast dunkel? Hunde spazieren führen und füttern, dann weiterarbeiten. Abends Film schauen, lesen oder Freunde besuchen oder einladen. Und am nächsten Tag früh aufwachen: Jetzt aber sofort ans Exposé! Aber erst mal die Mails…

Hast Du ein Lieblingslokal oder einen Lieblingsstrand, den Du Inselbesuchern als Tipp mitgeben möchtest?

Elfie Donnelly: Lieblingslokal ist absolut das Paloma Café in San Lorenzo, und das nicht nur, weil es eine befreundete italienisch-israelische Familie betreibt. Mein Lieblingsstrand ist Benirras, einfach weil es unser Strand im Norden ist, oder Pou des Leo. 

Wir werden diese Tipps gerne weitergeben!

Herzlichen Dank!

(Das Gespräch führte Friederike Diestel, Erstersch. IK15/14)

Gebrauchsanweisung für Mallorca

Elea Eluanda: Das Labyrinth der blauen Eulen

Der rote Strumpf

Karo Honig macht Frieden

Servus Opa, sagte ich leise

Emma Panther und die Sache mit dem Größenwahn

Benjamin Blümchen – Folge 9: Benjamin hat Geburtstag

Bibi Blocksberg – Folge 12: Bibi hat Geburtstag

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Text: die / Fotos: die
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