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Opferrituale in der heiligen Höhle der Göttin Tanit: Dokumentarfilm von Carlos Martinez und der “Asociación Ibushim”

Opferrituale in der heiligen Höhle der Göttin Tanit: Dokumentarfilm von Carlos Martinez und der “Asociación Ibushim”

Die Höhlen und Grotten Ibizas bringt der gewöhnliche Besucher meist mit Schmugglernestern von Piraten in Verbindung. Allenfalls finden sich noch ein paar Spuren von neuzeitlichen Trink- und Liebesgelagen oder von gestrandeten Zeitgenossen, die dort eine vorübergehende Wohnstätte fanden. 

Die “Asociación Ibushim” (Verein für alte Geschichte auf Ibiza) beschäftigt sich mit wesentlich älteren Spuren, nämlich mit denen aus der Zeit der Karthager, die Ibiza vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren als Handelsstützpunkt auf ihren Seewegen durchs westliche Mittelmeer eingerichtet hatten. 

Das ist faszinierend und mutig zugleich, denn die Zeugnisse aus dieser Epoche sind dünn gesät und schwer auszugraben – im wahrsten Sinne des Wortes. Schriftliche Überlieferungen existieren praktisch gar nicht, abgesehen von dem, was auf archäologischen Funden erhalten blieb. 

Carlos Martinez hat mit einer Schar hochmotivierter Freiwilliger einen knapp einstündigen Dokumentarfilm “Es Culleram – El Santuario del Mar” gedreht, der Ibiza zur Zeit der Karthager möglichst zeitgetreu wieder auferstehen lässt. 

Im Mittelpunkt steht Es Culleram, das Heiligtum der Göttin Tanit, eine Höhle im Nordosten Ibizas oberhalb der Cala San Vicente, außerdem die (see)fahrenden Händler, die Einheimischen, die zu jener Zeit hier lebten, und schließlich auch die Schlacht bei Zama (202 v. Chr.), die das Ende der Karthagischen Epoche auf Ibiza und damit auch deren Götter einläutete. Die historische Beratung steuerten Carmen und Ana Mezquida bei. Ausstattung, Kostüme und Bauten sind innerhalb von rund drei Jahren in unermüdlicher Arbeit, mit viel Liebe und Herzblut von Freiwilligen der Asociación Ibushim geliefert worden. 

Im Kinosaal von Santa Eulalia stellte Initiator Martinez mit seiner Crew persönlich die deutsche Fassung vor: Eine ungeheure Leistung von begeisterten Amateuren, die ja “nebenbei“ noch einer bezahlten Beschäftigung nachgehen müssen. Für die deutschen Besucher sprach die charmante Übersetzerin Marcela Friederichs einführende Worte. In der deutschen Filmfassung ist ihre sanfte, erklärende Stimme aus dem Off zu hören.

Mit dem “Filme drehen“ ist es wie mit dem Kochen: zuallererst ist es mal ein Handwerk. Und das ist hier solide ausgeübt worden. Die riesige Leinwand verzeiht keine Fehler und mit sicherer Hand hat Enrique Villalonga es hinter der Kamera erst gar nicht dazu kommen lassen. 

Was wir erblicken, zeigt die liebevolle Arbeit eines Detailversessenen: Gebäude, Geschirr, Garderobe, Waffen und Möbel entsprechen genau dem, was im 3. Jahrhundert v. Chr. als gesichert überliefert ist. Selbst beim Schuhwerk oder anderen “Kleinigkeiten“, die bei ähnlichen Produktionen gern vernachlässigt werden, kennt Martinez keine Gnade. Die Kamera sieht genau hin: Am Strand, wenn der Händler begrüßt wird, bei den Handelswaren, beim Essen, beim Opfergang im Heiligtum der Tanit und schließlich bei der Schlacht von Zama. Die fand zwar weit entfernt von Ibiza statt, im heutigen Tunesien, aber Martinez wollte wohl auf diesen historischen Wendepunkt nicht verzichten. 

Mit geschickten Einstellungen und Schnitten überspielt die Regie, dass sie nicht tausende Statisten wie in einem Monumentalfilm aufmarschieren lassen kann. Pfiffig! Streckenweise erinnert der Film etwas an frühe Produktionen des Schulfernsehens. Es gibt sehr viele Informationen, man fühlt sich versucht, wie einst im Seminar an der Uni Notizen zu machen, um später im Referat nichts zu vergessen. Aber schließlich kommt das Werk ja als Dokumentarfilm daher, außerdem fängt die wunderbare Musik von Manuel Garcia die etwas statischen Momente ab. 

Sphärische Klänge heben den Zuschauer aus dem “Dokumentarmodus“ heraus, in längst vergangene Regionen der Antike, deren Zauber auf Ibiza immer noch nachwirkt. 

Zusammenfassend hinterlässt der Film einen Eindruck, der bleibt, und vermittelt sehr interessante Einblicke in die alte Historie der Insel. Es bleibt zu hoffen, dass “El Santuario del Mar” weitere Gelegenheiten zur Aufführung gegeben wird. Martinez und seinen historophilen Getreuen sei gedankt für dieses gewaltige Stück Arbeit und Friederichs für die deutsche Fassung dazu. 

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Text: urb / Fotos: urb
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera 

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