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Wegen der Ansteckungsgefahr: Wer auf Ibiza tanzt, oder dies erlaubt, wird bestraft

Trotz Öffnung für den Tourismus kam es zu keinem beunruhigenden Anstieg der Corona-Fälle

Mit Freunden beim Grillen im Garten sitzen, dabei Bier trinken und Musik hören – gilt das schon als Party? Und wenn eine Hochzeitsgesellschaft auf Ibiza eine Ferienfinca auf dem Land mietet, um die Familie und Gäste dort unterzubringen und zu bewirten – ist das dann auch eine Party? 

Zwischen “legalen” und “illegalen” Partys weiß selbst die Balearenregierung in ihren aktuellen Verordnungen nicht genau zu unterscheiden. Verboten wurden pauschal alle “fiestas”, angeblich wegen der Ansteckungsgefahr. 

Es ist Sommer, die Menschen möchten draußen und zusammen sein. Sie möchten die laue Nachtwärme genießen, Musik hören, vielleicht auch tanzen – und einfach fröhlich sein. Aber die Diskos auf Ibiza sind immer noch zu, die Bars schließen früher als sonst, private Runden auf Fincas und Villen werden von der Polizei aufgesucht. Soll hier impliziert werden, wer schwitzt, singt und lacht, verbreitet mehr “Viren”?

Wo kann man in Corona-Zeiten auf Ibiza überhaupt noch Musik genießen? 

Auf Antworten auf ihre Fragen warten auch die betroffenen Unternehmer im Event- und Cateringbereich vergebens. Wieso soll eine Party in einer Diskothek wie dem Pacha oder Amnesia, die über eine ordentliche Betriebserlaubnis und sämtliche notwendigen Lizenzen verfügt, illegal sein, und zwar selbst dann, wenn die absurden Hygienevorschriften eingehalten werden? Wieso dürfen die Clubs auf Ibiza nicht öffnen (bzw. “erst mit Impfung”, so Balearenpräsidentin Francina Armengol), während auf dem spanischen Festland und den Kanaren schon seit Wochen wieder das Tanzbein geschwungen wird?

Die Corona-Fallzahlen auf Ibiza und Formentera dümpeln seit Ende April vor sich hin und tendieren statistisch auf die Bevölkerung umgelegt gegen Null. 

Trotz geöffneter Landesgrenzen und dem wieder aufgenommenen Betrieb des Flughafens im Juni kam es seitdem zu keinem beunruhigenden Anstieg der Fälle. Im Gegenteil, die Todesgefahr scheint schon lange gebannt: Der letzte (von insgesamt zwölf im Zeitraum seit März) Todesfall in Zusammenhang mit Corona auf Ibiza und Formentera war am 23. Abril. 

Kurzzeitig wurde die Panik wegen einiger “Ausbruchsherde” in San Antonio und San Joan wieder angefacht. Doch nahezu alle im Juli auf Ibiza “positiv” getesteten Touristen waren asymptomatisch, also laut medizinischer Definition gesund. 

Die Covid-Betten im Krankenhaus Can Misses sind leer. Asymptomatische Personen seien nicht ansteckend, räumte sogar die “Weltgesundheitsorganisation” (WHO) kürzlich ein. 

Die Balearen sind “die autonome Gemeinschaft mit den restriktivsten Regeln bezüglich des Nachtlebens in ganz Spanien”, titelte der Periodico de Ibiza. Genau die Region, die am meisten vom Fremdenverkehr und Nachtleben abhängt, soll am härtesten gedrosselt werden. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit? 

Die Maßnahmen des Govern Balear stoßen den kleinen und mittelständischen Unternehmen auf den Inseln, wenn sie rüber aufs Festland blicken und die Vorschriften vergleichen, bitter auf. 

Derzeit dürfen nur Gaststätten mit einer Kapazität von weniger als 300 Personen aufhaben. Um zwei Uhr früh ist Zapfenstreich. Dies betrifft Ausflugslokale, Restaurants, Cafés und Kneipen, Strand- und Nachtclubs und Live-Bühnen gleichermaßen. 

Lokale mit den Lizenzen “sala de fiesta” oder “café concierto”, also mit Betriebsrlaubnis für eine Tanzfläche und stärkere Musikanlage, dürfen zwar öffnen, aber die Gäste dürfen nicht tanzen. 

Stattdessen sollen die Läden ihre Tanzflächen “mit Tischen bestuhlen”, wie eine Empfehlung der Behörden lapidar lautet. 

So stehen aktuell tatsächlich Sofas auf der Tanzfläche der Strand-Disko Bora Bora im Herzen der weltberühmten Ausgeh-Meile Playa d’en Bossa. Ein Schild am Eingang macht deutlich: “Tanzen verboten!” 

Wenn die Musiklokale nichts zu bieten haben, was bleibt den Menschen also übrig, als sich privat zu treffen? 

Dass es in der einen oder anderen Finca dann abends etwas lauter werden mag, ist verständlich. 

Aber auch hier setzt die Regierung das Beil an: Das Govern Balear verabschiedete am 10. Juli ein Dekret, das Sanktionen in Höhe von 100 bis 600.000 Euro bei “Nichteinhaltung der Hygienemaßnahmen in Räumen, wo Menschenmengen zusammenkommen” festlegt. Dazu zählen der öffentlichen Raum, aber auch Privathäuser und -betriebe. Allein am 12. Juli erhielten in Ibiza-Stadt sieben Bars ein Knöllchen, weil sie die Öffnungszeiten überzogen hatten. 

Am 14. Juli teilte das Consell Insular mit, man werde Mitarbeiter dafür einsetzen, die sozialen Netzwerke, Gruppen und Profile zu durchsuchen, um “rechtzeitig Hinweise” zu erhalten, wenn sich Menschen für eine Party verabreden. 

Isabel Castro, Ministerin für Inneres und öffentliche Verwaltung des Govern Balear, möchte dafür die Guardia Civil und die Policía Nacional einspannen: „Sie sollen das Internet nach jeder Art von Information oder Ankündigungen für Partys durchsuchen.” 

Ziel sei es, dass Organisatoren abgeschreckt werden und “es sich zweimal überlegen”. Viele Kulturschaffende auf Ibiza trauen sich kaum noch, ihre Auftritte, Feiern oder anderen Veranstaltungen als Event auf Facebook anzulegen. 

“Illegal” sind nach dem Verständnis des Govern Balear und laut dem neuen Dekret jene “Zusammenkünfte, Partys oder anderen Veranstaltungen öffentlicher oder privater Art, wo die Menge der Anwesenden das Einhalten der Hygienemaßnahmen be- oder verhindert.” 

In ihrem überzogenen Rundumschlag gegen die Gastronomie-, Freizeit- und Veranstaltungsbranche wurde Dienstleistungsbetrieben auf Ibiza, die beispielsweise Musikanlagen und Event-Technik verleihen oder Caterings für private Anlässe anbieten, von der Inselregierung sogar nahegelegt, man möge bitte “illegale” Partys “nicht mehr beliefern”. 

Hauseigentümern droht Castro zudem damit, dass “der Immobilie für drei Jahre die touristische Vermietungslizenz entzogen wird, wenn darin eine Party stattfindet.” Aber welcher Ferienhausvermieter möchte seinen Gästen schon gern verbieten müssen, beim geselligen Grillabend Musik zu hören?

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Text: die / Fotos: privat
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera 

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