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Die Ostereier sind kaputt, weil Bobby nur mit dem Handy beschäftigt war – Eine Lese- und Vorlesegeschichte für Kinder von der auf Ibiza lebenden Autorin Kim Lolipop

Eine Lese- und Vorlesegeschichte für Kinder von der auf Ibiza lebenden Autorin Kim Lolipop

“Ist das herrlich!”, räkelt sich der Osterhase zufrieden auf Ibiza in der warmen Frühlingssonne. Seine Arbeit wird erst in ein paar Stunden beginnen, wenn ihm von den Schülern der Osterhasenschule die bemalten Ostereier gebracht werden. 

Die Verteilung soll dann am nächsten Morgen starten. Zunächst läuft alles wunderbar. Die Eier kommen pünktlich. Bestens gelaunt nimmt der Osterhase jede Kiste in Empfang, um sie nach und nach ganz vorsichtig auf den Osterkarren zu stellen. Am Anfang geht die Arbeit leicht von der Hand, doch dann hält der Osterhase plötzlich inne. Der Boden einiger Kisten scheint aufgeweicht zu sein, und bevor er das Unglück verhindern kann, fallen die ersten Eier auf den Boden und bilden eine Mischung aus roher Eiermasse und bunten Schalen.

Verstört rauft sich der Osterhase seine langen Schlappohren. “Was ist das denn?“, ruft er entsetzt. “Das kann doch nicht wahr sein!“ Langsam keimt in ihm ein Gefühl aus Verzweiflung und Hilflosigkeit auf. Die meisten Ostereier scheinen roh gewesen zu sein und sind nun kaputt. Das ist eine absolute Katastrophe! Wie soll er so seine Arbeit verrichten? Unvorstellbar wäre der Gedanke, dass die Ibiza- und Formenterakinder in diesem Jahr keine Ostereier bekommen würden. Dem Osterhasen fällt es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Das einzig Richtige erscheint ihm schließlich, sofort zur Osterhasenschule zu fahren, denn dort wurden die Ostereier vorbereitet. Und so macht er sich, ohne Zeit zu verlieren, auf den Weg. 

Als er die Schule erreicht, betritt er lautlos eine Klasse, in der gerade Unterricht ist. „Wie heißen unsere goldenen Regeln?“, fragt der Direktor in die Runde. „Na? Wie heißen unsere goldenen Regeln?“, wiederholt der Osterhase die Frage.

Alle wissen die Antwort und rufen wie aus einem Munde:
„Wir müssen die Anweisungen der Zentrale befolgen!“
„Wir müssen konzentriert und genau arbeiten!“
„Wir müssen mit Herz und Verstand arbeiten!“
„Wir müssen Respekt vor Menschen und Dingen haben!“
„Wir müssen die Ostereier pünktlich zu den Kindern bringen!“

Einen Moment schaut der Osterhase zufrieden in die Runde, doch dann sagt er mit strenger Stimme: „Ja, das sind die Regeln, aber wie sieht es denn in der Wirklichkeit aus?“ 

Alle sehen ihn fragend an. Nur Schüler Bobby sitzt in der letzten Reihe und spielt entspannt mit seinem Handy. Dass der Osterhase gekommen ist oder eine Frage gestellt wurde, scheint er nicht mitbekommen zu haben. 

„Wer hat in diesem Jahr die Ostereier gekocht?“, fährt der Osterhase fort. Alle Blicke schwenken zu Bobby, der immer noch mit seinem Handy beschäftigt ist. „He, Bobby! Du bist gemeint!“, ruft sein Kollege Hugo. „Du solltest die Eier kochen, und ich habe sie bemalt.“

Erst jetzt bemerkt Bobby, dass er gemeint ist, und seine Blicke verlassen das Handy. Alle starren ihn an.

Der Osterhase geht langsam auf ihn zu und schaut ihm tief in die Augen: “So so Bobby! Du möchtest also Osterhase werden und hattest in diesem Jahr die einfache Aufgabe, die Eier zehn Minuten zu kochen.“ Der Schüler blinzelt immer wieder auf sein Handy.

„Schau mich an, wenn ich mit dir spreche”, fährt der Osterhase mit lauter Stimme fort. „Dein Handy hat jetzt mal Pause! Was ist an der Regel ‘Wir müssen konzentriert und genau arbeiten’ nicht zu verstehen? Willst du Osterhase werden oder ist das Wichtigste in deinem Leben dein Handy? Du hast sehr schlecht gearbeitet, denn die Eier sind zu kurz oder gar nicht gekocht worden und deshalb beim Transport kaputt gegangen. Die Riesensauerei wird gerade von befreundeten Schweinen weggeleckt. Wir haben jetzt ein sehr groβes Problem, denn die Zeit wird knapp, und es ist sehr fraglich, ob die Ibiza- und Formenterakinder in diesem Jahr überhaupt ihre Ostereier bekommen werden.“

Entsetzen geht durch die Gruppe. Erst jetzt scheint Bobby zu begreifen, was er angerichtet hat. Betroffen schaut er auf den Boden. Schließlich sagt er mit leiser Stimme: “Es tut mir leid. Ich glaube, ich habe zu viel  mit dem Handy gespielt und war immer abgelenkt.“ Weinerlich fügt er schließlich hinzu: „Ich will doch so gerne ein guter Osterhase werden!“

In der Gruppe herrscht ein Moment Totenstille. Alle sind gespannt, wie der Osterhase jetzt reagieren wird. Ohne ein Wort zu sagen, drückt er seinen Schüler schließlich väterlich an sich und sagt: „Es ist gut, dass du deinen Fehler einsiehst. Gönn deinem Handy mal eine Pause. So zeigst du, dass die Menschen oder die Dinge, denen du dich gerade in diesem Moment widmest, das Wichtigste sind. Das ist eine Form von Respekt und sehr, sehr wichtig! Beherzige immer unsere goldenen Regeln. Dann wirst du bestimmt ein guter Osterhase! Jetzt lasst uns aber endlich an die Arbeit gehen! Los Leute: Eine Gruppe kocht noch einmal neue Eier, während die anderen sie dann bemalen. Bobby! Du hilfst mir morgen außerdem bei der Verteilung der Ostereier. Ich möchte dich mal ein bisschen beobachten.“

Gesagt, getan! Eifrig springt Bobby am nächsten Tag mit dem Osterhasen von Haus zu Haus und verrichtet gewissenhaft und vorbildlich seine Arbeit, ohne zwischendurch auch nur einmal auf sein Handy zu schauen. Zum Sonnenuntergang sind sie fertig. Freudige Kinderaugen entdecken am Ostersonntag auf Ibiza und Formentera viele bunte Ostereier. 

Bobby verlässt ein Jahr später als bester Schüler die Osterhasenschule und arbeitet heute unerkannt und glücklich an einem geheimen Ort. Nach getaner Arbeit ruft er immer: „Ich habe die beste Arbeit der Welt!“.

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Text: Kim Lolipop / Fotos: Stock
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera 

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