Probleme des Qualitätsjournalismus: Gekaufter Content für die Gläubigen des Kults
Achtung, Satire! Unser IK-Kolumnist Urbansky über Blättchen und Blogger abseits des Stroms
Ein einfacher Blick in die „sozialen“ Medien offenbart die hoffnungslose Vergiftung unserer Gesellschaft. Dort haben sich „Fürsprecher“ und „Gegner“ eingegraben, wie weiland 1916 an der Somme.
Auffällig dabei ist der Umgang mit tatsächlichen und sogenannten Informationen und das verbreitete Unvermögen bei der Beurteilung und Interpretation von Quellen.
Ausgerechnet die tonangebenden Sender oder Zeitungen versagen sich zunehmend dem, was dereinst als journalistisch-investigative Arbeit galt, und zelebrieren nur noch liturgische Zeremonien. Sie beherrschen den Diskurs wie Religionsführer und die Zielgruppe sind nicht länger interessierte oder gar kritische Leser oder Zuschauer, sondern wie in einem Kult mehr und mehr „Gläubige“ oder „Ungläubige“.
Sie werden (ebenfalls wie in Religionen und Sekten üblich) wechselweise in Angst und Schrecken versetzt, und dürfen bei Wohlverhalten die Wonnen der Erlösung kosten. Natürlich nicht mehr in diesem Leben.
Ursache für diesen Rücksturz in vormoderne Epochen sind marktbeherrschende Medien-Konglomerate, bei denen abhängige Redaktionen vorgefertigte Inhalte (sogenannte „Contents“) einkaufen müssen. Der „Reporter“ bekommt seine Beiträge per Bildschirm zugeteilt. Falls er ausnahmsweise mal persönlich am Ort des Geschehens auftaucht, ist er fast immer selbst nur Teil eines solchen „Content“.
So, wie die päpstlichen Enzykliken an die Bischöfe gesandt und dann an die Schäfchen der Gemeinde weitergereicht werden, so funktionieren heute wieder die „Nachrichten“.
Wer Fragen stellt oder ihnen gar selbstständig nachgeht, gilt als schwarzes Schäfchen. Diese Rolle fällt zur Zeit vielen kleinen Blättchen und Bloggern zu, die zwar finanziell häufig arm, aber inhaltlich meist sehr reich sind.
Dafür müssen sie gelegentlich Schläge einstecken, was auch der “Ibiza Kurier” zu spüren bekommt. Da erheben sich vereinzelt Vorwürfe zur Seriosität der Berichterstattung zum Thema “Corona“ bis hin zur Unterstellung persönlicher Befindlichkeiten.
Es sind witzigerweise immer wieder die “mündigen” Bürger, die kritiklos und willfährig alles repetieren, was völlig unbelegt aus den Bildschirmchen purzelt.
Es sind vor allem die Sorte digitale Existenzen, die sich nicht einmal mehr vorstellen können, dass hinter einem journalistischen Beitrag ein echter, ausgebildeter Mensch stehen könnte. Das war mal so, und ist es noch, zumindest in den etwas abgelegenen Nebenarmen des breiten Stromes. Diese zu finden ist zugegebenermaßen nicht einfach. Die Suche erfordert nicht nur Zeit, sondern wirkliches Interesse und die Begabung, sich aus soliden Mosaiksteinchen ein halbwegs treffendes Abbild der sogenannten Wirklichkeit zu machen.
Stattdessen wird der Ton immer rauer. Parolen und Phrasen (“neuer Höchststand bei Corona-Infektionen”, “täglich 600 Tote”, usw.) verdrängen Argumente und wirkliche Informationen, denn nicht öde Fakten bringen Geld, sondern Klicks.
Ich möchte hier der Versuchung widerstehen, eine versöhnliche Neujahrsbotschaft abzusondern, aber wenn Sie mal auf jemanden treffen, der wie ein Verschwörer aussieht, zeigen Sie doch mal Gesicht, lächeln Sie, trinken Sie ein paar Schnäpse oder Glühweine zusammen. Reden Sie mal über’s Essen, über Frauen, den Urknall, das Scheiß-Finanzamt – nur um sich etwas näher zu kommen und um den Menschen unter dem „Aluhut“ zu entdecken (wenn einer da ist).
Später, wieder zuhause, können Sie mal eine Viertelstunde drüber nachdenken, ob solche Typen in Sachen “Corona“ nur deshalb anderer Meinung sind, um Ihnen auf den Senkel zu gehen. Viertelstunde nachdenken – das schaffen Sie schon. Ein frohes Neues!
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Text: Peter Urbansky / Fotos: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera
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