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Der “Verschwörungsguru” der “Friedensschwurbler” im Interview: Historiker Dr. Daniele Ganser über kognitive Kriegsführung und betreutes Denken

Interview: Historiker Dr. Daniele Ganser über kognitive Kriegsführung und betreutes Denken

Kriege finden auf dem Schlachtfeld statt, aber sie beginnen im Geist. Staatlich gesteuerte Medien vergiften mit Kriegspropaganda die Herzen der Menschen, woraus Ablehnung, Hass und schließlich gar der Drang erwachsen, Andersdenkende physisch vernichten zu wollen. 

Der erste Funken für einen Krieg entzündet sich in den Köpfen. Propaganda ist eine Waffe, die zielgenau auf unser Herz und unseren Verstand ausgerichtet ist. Es geht um die Wahrnehmung und Emotionen der Menschen, um ihre Gedanken und Entscheidungen. Dabei werden die Manipulationsmethoden mit gefakten Zahlen, Fotos, Experten und Geschichten immer dreister – und durch moderne Bildbearbeitungstechniken und psychologisches Framing auch immer raffinierter. 

Ein weiterer Aspekt von „Medien als Waffe“ ist die gezielte öffentliche Auslöschung von Menschen, die den Mächtigen nicht in den Kram passen. 

Opfer medialer Vernichtung wurde 2019 der beliebte Vizekanzler Österreichs, der im Sommer 2017 im Ibiza-Urlaub in eine Video-Falle gelockt wurde. Das plump zusammengeschnittene “Enthüllungsvideo” wurde von der deutschsprachigen Presse ausgeschlachtet und ließ den Eindruck entstehen, Heinz-Christian Strache habe einer russischen Oligarchennichte im Gegenzug für Wahlkampfhilfe Staatsaufträge in Aussicht gestellt. 

Die Vorwürfe waren schlichtweg erfunden, was mittlerweile erwiesen ist, aber die Ibiza-Falle beendete im Mai 2019 seine politische Karriere. Strache musste weg, weil er mächtigen Kreisen im Weg stand. 

Wer davon ebenfalls ein Lied singen kann, ist der renommierte Schweizer Historiker, Autor und Dozent Dr. Daniele Ganser, den die Medien mit Schmutz bewerfen, seit er belegen konnte, dass das WTC7-Gebäude am 11. September 2001 in New York gesprengt wurde und er in seinen Veröffentlichungen eklatante Fehler im offiziellen Untersuchungsbericht aufzeigte. 

Auch Gansers Forschungen zum Ukraine-Konflikt und seine Vorträge über dessen Beginn im Jahr 2014 und die Rolle der USA und des NATO-Militärbündnisses als treibende Kraft dahinter, befeuern die Medien, sein Ansehen in der Öffentlichkeit zu zerstören. 

Guten Tag Herr Dr. Ganser! Sie werden von der deutschen Presse als „Verschwörungsguru“ bezeichnet. Hat man angesichts solch vernichtender Angriffe noch eine Chance, sich gegen Hetze und Diffamierung zur Wehr zu setzen?

Mein Fokus liegt auf der Forschung und den Vorträgen, nicht auf dem, was die Medien über mich schreiben. Die Vorträge halte ich für die Menschen, die Tickets gekauft haben. In Rostock sprach ich kürzlich in einem ausverkauften Raum mit 2.900 Plätzen, in Hannover vor 2.800 Menschen, auch ausverkauft. Das Interesse an meinen Vorträgen ist im Moment enorm. Ich bin den vielen Menschen dankbar, dass sie in so großer Zahl zu meinen Vorträgen kommen.

Verschwörungen nachzugehen, ist etwas, was Sie von Berufswegen her tun müssen, denn die Geschichte ist voller geheimer Absprachen und Operationen, wie Sie auch in Ihren Büchern “NATO-Geheimarmeen in Europa” oder “Illegale Kriege” aufzeigen. Für Ihre Forschungen bewegen Sie sich auf gefährlichem Terrain. Was treibt Sie an, weiterzumachen? 

Dr. Daniele Ganser: Mein Ziel ist es, mit meiner Arbeit die Friedensbewegung zu stärken.

Nun ist der Mensch von Natur aus kein kriegerisches Wesen. Er muss aufgestachelt werden, genau hier setzt Propaganda an. Der heute gebräuchliche Begriff ist Public Relations. Wie lenkt Propaganda unsere Gedanken und Gefühle?

Dr. Daniele Ganser: Hierzu berufe ich mich gerne auf Edward Bernays. Er lebte von 1891 bis 1995, war ein Neffe von Sigmund Freud, wurde in Österreich geboren und ist dann als Kind in die USA gegangen, wo er sein ganzes Leben lang gewirkt hat. Sein Buch über Propaganda gibt es im deutschen Sprachraum erst seit 2007. Es ist von 1928, damals ist es auf Englisch publiziert worden. Dies zeigt, dass Propaganda nicht etwas Neues ist. Die Prozesse sind sehr gut erforscht. 

Wie gelingt es, Menschen bestimmte Informationen in den Kopf zu pflanzen?

Dr. Daniele Ganser: Propaganda existiert überall um uns herum und sie ändert das Bild, das wir von der Welt haben. Dieser Einfluss wirkt über die Augen und über die Ohren, also als bewegtes Bild, Text, Standbild und bei den Ohren als Musik oder als Klartext. Es gibt nur diese zwei Kanäle: Augen und Ohren. Jede Propaganda braucht aber zunächst Aufmerksamkeit, daher gibt es einen Kampf um unsere Aufmerksamkeit. 

Augen und Ohren, klingt einleuchtend. Gibt es einen weiteren Filter, der die Informationen prüft? 

Dr. Daniele Ganser: Ein wichtiger Punkt bei der Propaganda ist, dass es keine Rolle spielt, ob etwas wahr ist, sondern es muss einfach an möglichst vielen Orten auftauchen und es muss oft wiederholt werden. Die Eindrücke wirken bei uns im Kopf, wo wir rund 100 Milliarden Nervenzellen haben. Neue Verknüpfungen werden immer fester verknüpft, umso öfter man etwas hört. Was also zählt, ist die Wiederholung. Ob es wahr ist, spielt keine Rolle, denn wir haben es eingelagert.

Wir kennen ja die Dauerbombardierung durch Werbung. Kann man dieser auf irgendeine Weise entfliehen?

Dr. Daniele Ganser: Ja, zum Beispiel im Wald, aber da sagen die Menschen oft, hier passiert ja nichts, es ist super langweilig. Mal fünf Stunden unter einem Baum zu sitzen oder eine Stunde zu meditieren, da hätten viele Mühe, weil wir so daran gewöhnt sind, immer neue Impulse zu bekommen. Aber der Wald tut uns gut, gerade dann, wenn wir gestresst sind.

Wer entscheidet, worüber die Medien berichten und worüber nicht?

Dr. Daniele Ganser: Bernays sagte in seinem Buch, dass wir von Personen regiert werden, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Jetzt sagen einige, das funktioniert nur bei den Armen und Ungebildeten, bei mir nicht, denn ich habe Abitur. Doch diese Leute muss ich enttäuschen. Propaganda wirkt bei allen. Wenn das menschliche Gehirn eine Information 50-mal gehört hat, gräbt sie sich ins Gehirn ein. Da haben sie keine andere Chance. 

Was ist der Unterschied zwischen der Werbung für ein Auto und der Werbung für einen Krieg?

Dr. Daniele Ganser: Es werden nicht nur Autos verkauft, sondern es werden auch Kriege verkauft. Im Rahmen meiner Forschung habe ich sehr genau untersucht, wie dies geschieht. Es ist eigentlich das Gleiche: Man steuert die Aufmerksamkeit, Gedanken und die Gefühle. Denn die Menschen sind grundsätzlich gegen Krieg. Sie wissen, dass Krieg großes Leid bedeutet. Ich würde sagen, dass in Deutschland 95 Prozent völlig gegen Krieg sind. Aber mit Propaganda kann man sie täuschen.

Trotzdem liefert die deutsche Regierung aktuell Panzer und anderes Kriegsgerät in die Ukraine, das gegen Russland zum Einsatz kommt. Ist die freie Meinungs- und Willensbildung eine Illusion?

Dr. Daniele Ganser: Theoretisch bildet jeder freie Bürger seine eigene Meinung, jedoch ist es ihm kaum möglich, sich mit jedem komplexen Thema auseinanderzusetzen. Darum werden Meinungsführer eingesetzt. Diese verbreiten über die so genannten Leitmedien wie zum Beispiel die ARD-Tagesschau ihre Position, die dann übernommen wird. So gesehen haben die Leute also keine eigene Meinung, sondern die Politiker haben eine Meinung, die die Bevölkerung übernimmt. Zum Glück gibt es noch Oppositionsmedien wie NachDenkSeiten oder Multipolar, welche den Kurs der Regierung kritisieren und hinterfragen, aber die sind oft klein und haben nur eine beschränkte Reichweite.

Wieso vertrauen viele Menschen immer noch den Politikern, die sie nachweislich immer wieder ins Verderben und Leid stürzen, und statt dem Wohl der Bevölkerung persönliche Machtinteressen verfolgen?

Dr. Daniele Ganser: Hier kommt die Autoritätsgläubigkeit dazu. Wenn es die Kanzlerin sagt, muss es die Wahrheit sein. Wenn es der Präsident sagt, dann muss es die Wahrheit sein. Wenn es der Premierminister oder der Außenminister sagt, muss es die Wahrheit sein. Wenn ARD und ORF es sagen, muss es die Wahrheit sein. Aber das ist ein ganz grober Irrtum, denn Politiker und Leitmedien sagen ganz oft nicht die Wahrheit, gerade dann nicht, wenn es um Krieg geht.

Das erste, was im Krieg stirbt, ist die Wahrheit, sagt man. Müssen die Menschen nicht irgendwann ein Gespür für die Unwahrheiten entwickeln? 

Dr. Daniele Ganser: Einige Menschen haben dieses Gespür noch. In Berlin gab es am 25. Februar 2023 eine große Friedensdemonstration mit 50.000 Menschen, organisiert von Sahra Wagenknecht. Die Menschen sprachen sich gegen Waffenlieferungen in die Ukraine aus und haben auf Transparenten sinnvolle Ansichten vertreten wie «Frieden schaffen ohne Waffen». Aber in vielen Medien wurde danach sehr negativ über die Demonstranten gesprochen, weil sie eine andere Meinung vertreten als die Meinung von Bundeskanzler Scholz.

Warum all die Kriegspropaganda? Kann die Regierung einen Krieg nicht auch einfach ohne die Unterstützung des Volkes führen? 

Dr. Daniele Ganser: Nein. Jede Regierung braucht das Volk. An der Heimatfront wird aus dem Grund ein Krieg mit Bildern und Worten geführt, weil es die Zustimmung der Menschen braucht. Die Mütter müssen ja, wenn es zum Krieg kommt, ihre Söhne in den Krieg schicken. Und die Väter müssen arbeiten und Steuern bezahlen, um die Panzer und Granaten zu finanzieren. Sonst geht gar nichts. Die Bevölkerung ist in der Mehrheit, also zahlenmäßig stärker. Das wissen die Politiker und Journalisten, die eine Minderheit bilden, aber die meisten Mikrofone und Bildschirme kontrollieren.

Wie hat sich Propaganda im Zuge des Wandels vom Radio und Zeitung zum Smartphone und Social Media verändert? 

Dr. Daniele Ganser: Radio wirkte nur auf der Ebene des Hörens, Zeitungen auf der Ebene des Sehens. Heute läuft sie über die Smartphones viel intensiver und viel ausgeklügelter, außerdem ist sie stärker auf uns abgestimmt, weil die Geräte unser Alter, unseren Wohnort, unser Geschlecht und unsere Interessen kennen. Das nennt man Microtargeting. Das war bei einer gedruckten Zeitung nicht möglich. Die hat sich nicht an den Endnutzer angepasst.

Viele Menschen in Deutschland wollen sich nicht in den Krieg hineinhetzen lassen. Ab wann sollte man anfangen, bestimmte Informationen zu hinterfragen? 

Dr. Daniele Ganser: Sich der Kriegspropaganda zu entziehen, ist kaum möglich. Aber ja, sie müssen natürlich zuerst überhaupt erkennen, dass es Propaganda ist. Aber auch dann ist es kaum möglich, sich komplett davon zu befreien. Was hilft, ist Achtsamkeitstraining. Vor allem wenn Politiker beginnen, Gewalt als etwas Gutes verkaufen zu wollen, sollte man die Dinge hinterfragen. 

Wurden wir auch zum 11. September angelogen? Die Bilder von den brennenden Türmen haben sich in den Köpfen der Menschen eingebrannt. Wurde hier eine PR-Story aufgebaut, um die Billigung der Bevölkerung dafür zu bekommen, Truppen nach Afghanistan zu schicken, was schließlich in einem 20 Jahre dauernden Krieg endete?

Dr. Daniele Ganser: Je komplexer unsere Zivilisation, desto konsequenter werden die technischen Mittel zur Steuerung der öffentlichen Meinung entwickelt und eingesetzt. In den 1920er Jahren gab es kein Internet, es gab keine Smartphones, kein Youtube. Mit Hilfe von Druckerpresse, Eisenbahn, Telefon, Telegraph, Radio und Flugzeug konnten Gedanken trotzdem sehr rasch, ja sogar zeitgleich, im ganzen Land verbreitet werden.

Wenn alle Zeitungsleser die Gedanken aufgenommen haben, ist es ein Massenphänomen. Alle denken dann, was alle denken, denn jeder Zeitungsleser liest den gleichen Text und hat damit die Gedanken der Redaktion in seinem Kopf. 

Die Leute treffen sich dann bei der Arbeit und sprechen über das, wo sie glauben, die gleiche Meinung zu haben. Das Fernsehen hat noch größere Reichweite und war viel schneller. Die erste öffentlich übertragene Fernsehproduktion war 1953 die Krönung von Queen Elizabeth II in London. Es war ein ebenso eindrücklicher Moment der Fernsehgeschichte wie die Terroranschläge vom 11. September 2001, die den Krieg gegen Afghanistan auslösten. 

Stimmt, jeder kann heute noch sagen, wo er genau in diesem Moment war. 

Dr. Daniele Ganser: Es war ein so intensives Erlebnis, dass die meisten Menschen sich heute noch erinnern, wo sie damals waren. Wenn sie dabei waren, ist es fast nicht möglich, dass sie den Ort nicht abgespeichert haben, weil die Prägung so stark ist. Aber eine starke Prägung heißt noch lange nicht, dass sie etwas verstanden haben. Nach dem 11. September wurde ja die Sprache sofort so verwendet, dass sie zum Krieg führte, und dahinter steckten natürlich Experten.

Präsident George Bush sprach binnen weniger Stunden nicht mehr über Tote, sondern über Gefallene und Vergeltung. Das versteht man unter Framing. Das Wort frame ist englisch und heißt Rahmen. Man stellt einen Rahmen auf, in dem sich die Gedanken bewegen, wie beim Billard, wo sich die Kugeln nur innerhalb eines begrenzten Feldes bewegen.

Wenn das Gehirn alles ungefiltert speichert, bleibt da noch Raum zum Hinterfragen?

Dr. Daniele Ganser: Zu den Terroranschlägen vom 11. September habe ich viel geforscht und da ist mir aufgefallen, die meisten Menschen haben am Fernseher zwei Türme gesehen und zwei Flugzeuge, die in die Türme fliegen. Also Flugzeug, Flugzeug und Turm, Turm. Das ist die Geschichte für den normalen Fernsehkonsumenten. Tatsache ist aber, dass im Hintergrund ein drittes Gebäude zusammengestürzt ist, das World Trade Center 7, das nicht von einem Flugzeug getroffen wurde. Wie konnte das geschehen? Wurde WTC7 gesprengt? Das ist eine Frage, die sich jeder stellen muss, der aus dem Propagandaprozess aufwachen möchte. Ich schreibe in meinem neuen Buch “Imperium USA”, dass WTC7 gesprengt wurde. 

Wurde damals absichtlich die Angst vor den Muslimen geschürt?

Dr. Daniele Ganser: Auf jeden Fall erzeugte 9/11 ganz intensive Gefühle, und zwar nicht wie in der Werbung Freundschaft oder Freiheit, sondern Angst und Hass. Der Hass wurde auf die Muslime gelenkt. Und danach wurden muslimische Länder von den USA bombardiert, darunter Afghanistan, Libyen, Syrien und Irak. Mit meiner Forschung möchte ich darauf hinweisen, dass wir als Menschen entscheiden können, Angst in uns ausbreiten zu lassen, oder sich stattdessen zu fragen, wer ein Interesse daran hat, dass ich diese Ängste habe?

War der 11. September also Marketing für die Rüstungsindustrie?

Dr. Daniele Ganser: Ein Abrams-Panzer kostet 60 Millionen Dollar. Irgendjemand muss die Panzer ja kaufen. Bezahlt wird es vom Staat, also von unseren Steuern. Deutschland gibt im Moment 40 Milliarden pro Jahr für das Militär aus. Das soll auf 60 Milliarden erhöht werden, was der NATO-Vorgabe in Höhe von zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts entspricht. In Deutschland sprechen die Politiker oft über diese “zwei Prozent”, das scheint wenig und verkauft sich natürlich besser als 60 Milliarden.

Wieso funktioniert Angst als Waffe so gut?

Dr. Daniele Ganser: Weil wir dann nicht mehr richtig nachdenken können und einem Führer folgen, der uns erklärt, wer der neue Feind ist. Oft übernehmen die Menschen dieses Feindbild, auch wenn sie zuvor noch nie etwas von diesem Feind gehört haben. Das kann Osama bin Laden sein, oder Gaddafi, Assad oder Putin.

Wieso sind viele Menschen scheu, kritische Fragen zu stellen, selbst wenn sie die Lügen durchschaut haben? 

Dr. Daniele Ganser: Jeder führt sein Leben so wach, wie er kann und nimmt die Informationen auf, die er bewältigen kann. Die meisten Menschen wissen mehr, als sie öffentlich zeigen, aber sie halten sich ruhig, weil sie nicht diffamiert werden möchten.

Mit welchen weiteren Tricks arbeiten staatlich gelenkte Medien? 

Dr. Daniele Ganser: Sie nehmen zum Beispiel auf der Zeitachse nur ein Stück, schneiden was weg und bringen nur noch den zweiten Teil. In der Ukraine 2014 gab es auf dem Maidan einen Putsch. Scharfschützen haben in die Menge geschossen, Polizisten und Demonstranten wurden getötet. Das führt zu Chaos. Wir nennen das Strategie der Spannung. Ich bin im Bereich der verdeckten Kriegsführung spezialisiert. Man kann ein Land ins Chaos stürzen, indem man Demonstranten und Polizisten gleichzeitig erschießt. Dann gab es den Putsch, meiner Meinung nach von den Amerikanern orchestriert mit dem Ziel, die Ukraine in die NATO hineinzuziehen. Ein Monat später war die Volksabstimmung auf der Krim, wo die Leute beschlossen, dass sie zu Russland gehören möchten. Aber in den westlichen Medien, vor allem in Deutschland, wurde dies völlig falsch dargestellt, weil man den Putsch einfach weggeschnitten hat.

Kann man Politikern und Medien überhaupt noch vertrauen?

Dr. Daniele Ganser: Präsidenten sind nicht unsere Eltern, die uns liebevoll die Welt erklären, sondern das sind Leute mit Interessen. Wenn wir ihnen blind folgen, haben wir im Anschluss einen Krieg zwischen Deutschland und Russland, einfach, weil gegeneinander gehetzt wird, und das sollten wir auf keinen Fall befürworten. Daher bin ich für Friedensgespräche und gegen Waffenlieferungen. Es ist nicht in unserem Interesse, dass es zu einem Krieg zwischen Deutschland und Russland kommt. Das gab’s schon mal, im Zweiten Weltkrieg.

Trotzdem gibt es Menschen, die in das Russland-Bashing der Medien voll einsteigen. Wer reibt sich dabei zufrieden die Hände?

Dr. Daniele Ganser: Peter Scholl-Latour, ein toller Journalist, leider verstorben, sagte, wir leben in einem Zeitalter der Massenverblödung, verursacht durch die mediale Verblendung. Das hat er explizit über die Ukraine-Berichterstattung gesagt, weil es völliger Unsinn ist, wenn gesagt wird, dass Putin an allem die Schuld hat. Putin trägt die Schuld für die Invasion vom 24. Februar 2022, die ist klar illegal. Aber auch Obama trägt Schuld. Meiner Meinung nach haben der amerikanische Präsident Obama und Vizepräsident Biden den Putsch 2014 gestartet, aber über ihre Rolle wird nicht berichtet. Gleichzeitig bekommt Obama den Friedensnobelpreis. Das führt im Kopf der Menschen zum Durcheinander. Sie können die Neuronen nicht an den Punkt bringen, wo sie hinmüssen, nämlich dass Obama ein Kriegsverbrecher ist. 

Gott sei Dank wachen ja immer mehr Menschen auf. Wie wirken neue Erkenntnisse auf den Geist? 

Dr. Daniele Ganser: Es ist ein stufenweises Verstehen, wenn man die Dinge sieht und dann erkennt, aha, so läuft der Hase. Gerade bei Kriegen wird sehr viel gelogen. Trotzdem steht jeder Einzelne unter Druck, denn er kommt mit den selben medialen Erzeugnissen in Berührung wie Millionen seiner Mitbürger. Nicht alle, aber viele schauen weiterhin die Nachrichten auf ZDF oder ARD. Damit erhalten alle die gleiche Prägung. Dort gibt es Meinungsführer, die ihnen etwas erzählen, was sie übernehmen sollen. Dass sich dabei Strukturen zum eigenständigen Denken bilden, kommt eher selten vor. Nur eine Minderheit liest alternative Medien wie NachDenkSeiten oder Apolut.

Das US-Verteidigungsministerium hat seine Kommandozentrale für den Ukraine-Krieg auf deutschem Boden installiert, in Wiesbaden-Erbenheim. Die Medien berichten nicht darüber. Die krasse US-Militärpräsenz in der BRD mit über 100 Stützpunkten ist der Bevölkerung kaum bewusst. 

Dr. Daniele Ganser: Ja, in Deutschland haben die USA viele Militärstützpunkte. Der bekannteste ist Ramstein. Aber darüber wird in der Öffentlichkeit wenig gesprochen. Es ist zwar eine Tatsache, aber diese wird oft verdrängt.

Der US-Journalist Seymour Hersh hat aufgedeckt, dass die USA und Norwegen hinter der Sprengung der Nord Stream-Pipelines im September 2022 steckten. Es handelt sich hier um Partner Deutschlands, die damit die Energieversorgung von 80 Millionen Menschen angegriffen haben. Die deutschen Medien vertuschen Hershs Enthüllungen. Was ist Ihre Einschätzung dazu? 

Dr. Daniele Ganser: Es gibt immer wieder Verschwörungen, also geheime Absprachen zwischen zwei oder mehr Menschen, um ein Ziel zu erreichen. Doch Verschwörungen bleiben nicht für immer geheim. US-Journalist Hersh hat kürzlich die Verschwörung zur Sprengung der Nord Stream Pipeline aufgedeckt. Natürlich gibt es unterschiedliche Geschichten, die präsentiert werden. Aber ich halte die Geschichte von Hersh für glaubwürdig. Er sagt, dass es so gelaufen ist: US-Präsident Biden hatte dem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan den Auftrag gegeben, Nord Stream zu stoppen. Im Dezember 2021 berief Sullivan ein Treffen im Old Executive Office Building neben dem Weißen Haus mit hochrangigen CIA und Militärs ein. CIA-Direktor William Burns schlug den Einsatz von Tiefseetauchern vor. Das wurde dann umgesetzt. Im Juni 2022 befestigten Taucher der US-Marine C4 Sprengstoff an den Pipelines. Als Tarnung diente die NATO-Übung „BALTOPS 2022“, bei der sich im Juni 2022 in der Ostsee 7.000 Soldaten und 50 Schiffe aus 14 Ländern versammelten. Drei Monate später, am 26. September 2022, warf ein norwegisches Spionageflugzeug vom Typ P8 Poseidon eine Boje ab. Diese zündete wenige Stunden später den Sprengstoff und zerstörte die Nord Stream-Pipelines am 26. September 2022. Was mich überrascht, ist, dass die deutsche Regierung lange nichts zu diesem Terroranschlag sagte.

Kognitive Kriegsführung und Gehirnwäsche – wie kommen wir aus der Nummer raus?

Dr. Daniele Ganser: Vor allem sollten wir uns nicht spalten lassen. Ich sage immer wieder, dass wir eine Menschheitsfamilie sind. Das heißt, jeder hat das Recht auf Leben, und das Leben ist heilig. Krieg und Kriegspropaganda haben immer den Effekt, den anderen abzuwerten – und dann wird er getötet. 

Wenn wir wissen, dass über Gedanken und über Texte ganze Gruppen gelenkt werden können, dann kann das auch die Friedensbewegung nutzen. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir die Achtsamkeit stärken. Gedanken und Gefühle sind wie Wolken am Himmel, sie kommen und gehen. Damit meine ich, wir sollten unsere Gedanken und Gefühle aus einer gewissen Distanz betrachten und uns nicht völlig mit ihnen identifizieren. Nur dann können wir uns aus dem betreuten Denken befreien.

Vielen herzlichen Dank!

Das Gespräch führte Friederike Diestel

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Text: Friederike Diestel / Fotos: Dirk Wächter
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera 

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