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Achtung, Satire: Wenn der Zeitungsleser zwei Mal klingelt – IK-Kolumnist Peter Urbansky über Borschtsch und geschichtliche Verantwortung

IK-Kolumnist Peter Urbansky über Borschtsch und geschichtliche Verantwortung

Aus dem Leben eines Autors des IBIZA KURIER. Donnerstagnacht am Telefon: Anruf von “Leser X“ (LX).

Rrrrringering, rrrrringering…

PU

– Ja bitte ? –

LX

– Hallo! Ach, sind Sie es selbst? –

PU

– Ja schon, wer…? –

LX

– Ja, ja, ich weiß, es ist schon spät, aber ich brauche nicht lange. Meine Frau sagte, du kannst doch um diese Zeit da nicht anrufen, aber was soll man schon machen, auf Ibiza um diese Jahreszeit. Und es ist wirklich wichtig. Naja eigentlich nicht, aber wer weiß das schon vorher. Und das Theater an die Nummer zu kommen… –

PU

– Äh, und Sie sind wer bitte genau? –

LX

– Sagen Sie mal, wie haben Sie das gemeint, mit dem “Führer von Ibiza“? Also Ihre Kolumnen sind ja immer so…, also wirklich…, na, Sie wissen schon. Aber man hat ja als Deutscher eine gewisse Verantwortung vor der Geschichte und jetzt mit dem Gas und den Russen und all das… –

PU

– Moment mal, ich habe niemals… –

LX

– Ja, ja, ich glaube, das war so ein Bild, ist schon etwas her, vielleicht so 2018 oder 2016…

PU

– Na hören Sie mal… –

LX

– Und das mit den Ufos. Sehr komisch. Mit den Esoterikern haben Sie es ja wohl nicht so. Ich ja auch nicht. Welche Prognose von denen ist jemals eingetreten? Aber meine Frau fand das etwas übergriffig. Und schließlich, hier auf Ibiza. Hier passieren doch die dollsten Sachen.

Neulich war da wieder so eine Spontanheilung oder eine Dimensionsverschiebung oder sowas, in Santa Gertrudis, Es Vedrá oder war das in Santiago de Compostela? Jedenfalls hatte das was mit den Plejaden zu tun, und die kommen doch wohl irgendwie hier von Ibiza. Also jedenfalls aus dem Weltraum, sagt meine Frau.

PU

– Äh, bitte…? –

LX

– Ich meine, das sind doch Tatsachen, also anerkannte Dings, äh, Fakten. Naja, schön, Satire, aber es gibt doch Grenzen… –

PU

– Darf ich mal…? –

LX

– Das mit den Wohnungsbesetzungen, diesen Okkupanten, fand ich wirklich witzig. Endlich mal was zum Lachen. Da kommt man nach Hause und da sitzt eine fremde Familie auf dem Sofa. Zum Schießen… Und das mit den doofen Beamten, herrlich! Endlich mal was, das jeder versteht. Na, das müssen Sie doch zugeben, Ihre Artikel sind ja manchmal doch ziemlich, wie soll ich sagen… . Man möchte ja auch nicht nach jeder dritten Zeile immer nachgoogeln, was das jetzt wieder heißen soll. –

PU

– Ich würde gern mal… –

LX

– Man kann ja doch nicht immer über die schrecklichen Sachen in der Welt schreiben, wo wir es hier auf Ibiza so gut haben. Wer will das schon lesen? Kriege, Steuern, Krankheiten… Jetzt haben die doch in China oder Afrika wieder eine neue, schreckliche Virussorte gefunden. Dann geht das mit den Masken und Impfungen wieder von vorne los. Aber was soll man machen? Ich hab’ jetzt meine fünfte Impfung. Wegen meiner Frau, wissen Sie. Die ist ja so genau mit diesen Sachen.

Aber wenn ich Ihr Zeug so lese, sind Sie wohl nicht geimpft, oder? Naja, das bewundere ich ja, dass Sie so gar nichts ernst nehmen. 

Meine Frau und ich fliegen immer extra nach Deutschland zum Impfen. Man will ja alles richtig machen. Und danach, immer gleich ins Krankenhaus. Ganz komisch… Da sehen Sie mal, wie gefährlich dieses Corona wirklich ist. Darüber sollten Sie mal schreiben… –

PU

– Lieber Herr, vielleicht sollten Sie mal… –

LX

– Naja, jetzt ist ja erst mal Krieg mit Russland. Die fangen ja immer an, diese Russen. Erst mit diesem Schweden, dann Napoleon und Hitler. Und jetzt bleibt es wieder an uns Deutschen hängen, die Ukraine zu retten. Die werden ja sogar gezwungen, russisch zu sprechen, hab ich gehört. Kein Wunder, dass das Gas jetzt so teuer ist. Aber das sehen Sie ja wohl auch ganz anders… –

PU

– Könnten Sie bitte mal… –

LX

– Nein, nein, ich finde das richtig gut. Es muss ja auch solche Verrückten geben. Ich bin ja froh, dass jeder hier seine Meinung sagen darf. Allerdings, wenn die zu sehr abweicht von der Meinung derer, die das Geld haben… 

Da muss man ja froh sein, sagt meine Frau, dass wir die offiziellen Medien haben und die Experten und die Regierung und die, die wissen, wo’s lang geht. Wen soll man schon fragen?

Im Internet haben Sie ja bloß diese Wirrköpfe und Verschwörer. Was für ein Glück, dass die nix ausrichten werden. Aber so zur Unterhaltung, finde ich, sollte man die ruhig mal machen lassen. Es gibt ja so wenig zu lachen. Natürlich in gewissen Grenzen. Da gibt‘s Typen, die glauben mitten in der schlimmsten Pandemie und im Krieg, man kann einfach so weiterleben, mit Rechten, und Freiheiten, und sowas. Und dann wollen die trotz dieser CO2-Katastrophe weiteratmen wie früher. Na hören Sie mal… Es gibt auch Grenzen… –

PU

– Sagen Sie mal, haben Sie eigentlich jemals… –

LX

– Was sagen Sie eigentlich zu diesen Lebensmittelrationierungen? Bei Lidl und Aldi soll es bald keinen Zucker und Süßigkeiten mehr geben und so Zeug, mit dem die Russen uns vergiften wollen. Besonders Borschtsch-Suppe und Wodka. Gerade die Sachen für die kleinen Kinder… Diese Borschtsch-Suppe sollen die Russen den Ukrainern ja geklaut haben, also das Rezept oder so. Also Frieden ja, aber zu diesem Preis? Na wissen Sie. Na jetzt sind die Regale erstmal leer…

PU

– Na, erlauben Sie mal, wer hat denn sowas… –

LX

– Aber ist ja richtig. Was die Kinder da alles in sich reinstopfen, das ist ja schlimm. Das muss mal von oben geregelt werden. Die sollen lieber alle pünktlich vor der Schule ihre Impfung abholen und sich mal ordentlich testen lassen, wie das noch vor ein paar Wochen war. Finden Sie nicht auch? Sowas könnten Sie doch auch mal schreiben, finden Sie nicht?

PU

– Also ich finde… –

LX

– Aber Ihnen kann ja nichts passieren. Wer liest das schon. Ich bin jedenfalls froh, dass es Ihre Kolumne gibt. Meine Frau freut sich jedes Mal. Der Semmelrogge geht ja nicht mehr ins Dschungelcamp. Sehen Sie, sowas interessiert die Leute. Sowas sollten Sie mal schreiben. Oder der Boris Becker, der hat jetzt eine neue Frisur. Oder denken Sie, der hat Haarausfall wegen seiner vielen Impfungen? Naja, ‘tschuldigung, Spaß muss ja auch mal sein. Das wissen Sie doch am besten. 

Also ich kann Ihnen jetzt leider nicht länger zuhören, meine Frau winkt gerade zu den Spätnachrichten. Man muss ja wissen, wie es weitergeht. 

Ich wollte bloß mal ganz genau wissen, was Sie sich eigentlich immer so denken, wenn Sie sowas schreiben. Schön, dass Sie sich mal aussprechen konnten, oder? Wenn Sie mal nicht weiter wissen, können Sie sich gerne wieder mal bei mir aussprechen.

Aber wenn Sie mal wieder in der Leitung sind, vielleicht nicht so spät. Also, buenas noches! –

PU

– Äh – vielen Dank für das Gespräch… –

Gewidmet meinem verehrten Kollegen, Fritz B. Busch (Auto Motor Sport)

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Text: Peter Urbansky / Fotos: red
Copyright: Ibiza Kurier – Die deutsche Zeitung für Ibiza und Formentera 

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